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Wie bereite ich eine Kurve richtig vor?

Technik trifft Gefühl – für mehr Sicherheit und Fahrfreude

Kurvenfahren kann sich leicht und flüssig anfühlen – oder angespannt und wackelig.
Oft liegt der Unterschied nicht an der Kurve, sondern an dem, wie du sie vorbereitest.

Ob du Fahranfänger:in bist oder schon viele Kilometer hinter dir hast:
Wenn sich Kurven unruhig, unklar oder eng anfühlen, kann das an kleinen Details liegen – die große Wirkung haben.

Die Kurve beginnt schon vor der Kurve

Viele glauben, sie müssten in der Kurve besonders aktiv sein.
Aber in Wirklichkeit entscheidet sich vieles vor dem Einlenken:

  • Schaust du dahin, wo du hinwillst?
  • Hast du eine Linie im Kopf – oder improvisierst du?
  • Bremst du noch oder hast du dich schon sortiert?

Diese Phase nennen viele auch die Kurvenvorbereitung – und sie macht oft den größten Unterschied, wenn du mehr Vertrauen beim Fahren entwickeln willst.

Blickführung: Dein Lenker folgt deinen Augen

Der Blick ist dein stärkstes Werkzeug.
Wenn du ihn runterziehst – z. B. aus Unsicherheit – folgt dein Körper. Und damit dein Motorrad.

👉 Trainiere dir an:

  • Weit vorauszuschauen, nicht auf den Asphalt direkt vor dir
  • In die  Kurvenausfahrt zu blicken, nicht auf den Kurveneingang
  • Den  Kopf mitzudrehen, nicht nur die Augen

Denn: Die Augen sind schnell. Sie springen automatisch wieder in den Nahbereich, wenn du den ganzen Kopf nicht bewusst mitdrehst.
Wer weit schaut, kann besser einschätzen, welches Tempo passt – und die Straße wirkt weniger schnell und bedrohlich.

Keine Sorge – du siehst trotzdem, was vor dir passiert

Vielleicht fragst du dich:
  „Aber wenn ich so weit vorausschaue – sehe ich dann überhaupt noch, was direkt vor mir liegt?“

Die Antwort ist ganz beruhigend: Ja – und mehr, als du denkst.
Dein Sichtfeld ist groß – fast 180 Grad. Auch wenn du deinen Blick auf den Kurvenausgang richtest, nimmst du automatisch wahr, was vor dir passiert. Du musst nicht jede kleine Unebenheit fixieren.

Du musst nicht nach Erbsen auf der Straße suchen.

Im Gegenteil: Wer zu nah vor das Vorderrad schaut, verliert Orientierung – und oft die Linie.
Und vieles, was wie eine Gefahr aussieht – z. B. eine kleiner Stock oder etwas Schotter – lässt sich oft locker überfahren, wenn du ruhig bleibst und deine Linie hältst.

Das gilt übrigens auch in Schreckmomenten:
Wenn in der Kurve plötzlich etwas auftaucht, ist das Wichtigste:
Augen zum Ausgang!
Lenke deinen Blick dahin, wo du hinwillst – nicht auf das Hindernis.
Selbst wenn du in dem Moment zu viel Schräglage brauchst – das ist oft die bessere Option, als sich vor Schreck aufzurichten, das Gas zuzuknallen und in die Gefahr hineinzufahren.

Dein Motorrad kann mehr, als du denkst.
Dein Blick entscheidet, ob es das auch zeigen darf.

Linie, Tempo & Vorbereitung: Klarheit statt Zufall

Wer nicht weiß, wo er hinwill, kann auch nicht sauber ankommen.
Das heißt nicht, dass du Millimeterlinien fahren musst – sondern:

  • Wähle  einen klaren Kurvenpunkt  (z. B. Scheitel oder Ausblickpunkt)
  • Bremse  vor der Kurve, nicht mittendrin
  • Nimm den  Gasgriff gefühlvoll, nicht ruckartig
  • Nimm rechtzeitig  vor der Kurve die Sitz- und Fußposition ein

So kannst du in der Kurve die Schultern locker fallen lassen, statt mit Spannung zu drücken.
Achte auf deinen inneren Arm – ist er leicht abgewinkelt oder ganz gestreckt? Ein gestreckter Arm ist oft ein Zeichen dafür, dass du zu viel Druck am Lenker aufbaust – und das bringt Unruhe ins Fahrwerk.

Bremsen: früh, klar und bewusst

Es gibt viele Bremsstrategien – z. B. das sogenannte Trailbraking, bei dem noch in die Kurve hinein leicht gebremst wird.
Das kann funktionieren – erfordert aber hohe Übung und Aufmerksamkeit.

Für die Straße ist oft sicherer:

  • Vollständige Vorbereitung vor der Kurve
  • Bremsen abschließen, bevor du einlenkst
  • Stützgas anlegen, sobald du dich stabil fühlst

Das sorgt für mehr Fahrstabilität und ein klares, berechenbares Verhalten – auch bei spontanen Ausweichbewegungen oder Überraschungen.

Welcher Fahrstil: Warum Bewegung stabil macht

Viele fahren im Stil des „Drückens“ – also mit Oberkörper aufrecht über dem Motorrad.
Das hat Vorteile im Offroad, bei engen Kehren oder schnellen Ausweichmanövern – aber es bringt auch Nachteile:

  • Subjektiv weniger Schräglage – dadurch weniger Gefühl für die Grenze
  • Mehr Druck auf dem Lenker – das belastet das Vorderrad
  • Höhere Gefahr, das Vorderrad zu „überfahren“ – z. B. beim plötzlichen Ausweichen innen

Für flüssige Kurvenfahrt auf der Straße empfehle ich oft den Stil „legend“ oder „Hanging-Off-Light“ – also:

  • Leicht versetztes Körpergewicht  zur Kurveninnenseite
  • Entlasteter Lenker, weil der Körperschwerpunkt arbeitet
  • Mehr Gefühl für Schräglage, weil du sie körperlich besser spürst
  • Mehr Reserven für Notmanöver und flüssigeres Kurvenverhalten

Du musst nicht aussehen wie ein Rennfahrer – aber kleine Änderungen in der Körperhaltung machen große Unterschiede in der Kurvendynamik.

Mentale Vorbereitung: Deine Haltung fährt mit

Manche Kurven verunsichern, obwohl sie objektiv leicht sind.
Das liegt oft an inneren Bildern oder Gedanken wie:

  • „Hoffentlich guckt keiner.“
  • „Ich muss da schnell durch.“
  • „Die letzte ähnliche Kurve war übel.“

Diese Gedanken erzeugen Anspannung – und die fährt mit.
Darum lohnt sich ein kurzer mentaler Check – z. B. beim Heranrollen:

„Ich fahre in meinem Tempo.“
„Ich habe meine Linie – und Puffer.“
„Ich lasse meine Arme locker fallen.“

Dann: einlenken, schauen, fließen lassen – und am Stützgas bleiben.

Der kleine Kurven-Check

🌀 Bin ich schon vorbereitet – Blick, Sitz, Tempo?
🌀 Fühle ich meine Schultern – oder halte ich mich fest?
🌀 Ist mein innerer Arm locker – oder gestreckt?

Wenn du mit diesen Fragen fährst, bist du mitten im Kontakt mit dir – und das ist die beste Grundlage für Vertrauen in die Straße.

Über den Autor

Benzin im Herzen, Balance im Kopf

Ich bin Samuel und ein leidenschaftlicher Motorradfahrer, Kurventrainer und Pädagoge.

Ich begleite Menschen mit meinem Ansatz Kurvenbalance auf ihrem ganz eigenen Weg zurück zu mehr Fahrfreude, Vertrauen und innerer Ruhe auf zwei Rädern.